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in unserem heutigen Newsletter haben wir folgende Themen für Sie:


Ausbildung in der Krise – Wie wir den Neustart schaffen können
Wenn der Druck wächst - Warum Arbeitgeber nicht einfach einknicken dürfen
Tattoo statt Lohnfortzahlung? LAG Schleswig-Holstein sagt: Selbst schuld!
Ausbildung in der Krise – Wie wir den Neustart schaffen können

Der Fachkräftemangel ist längst Realität – und wird durch eine alarmierende Entwicklung zusätzlich verschärft: Immer weniger Jugendliche beginnen eine Ausbildung, gleichzeitig sinkt das Angebot an Ausbildungsplätzen. Eine gefährliche Schieflage, die zentrale Branchen wie Handwerk, Pflege oder Industrie massiv unter Druck setzt.

Was steckt dahinter?
Viele Schulabgänger entscheiden sich heute eher für Nebenjobs oder Auszeiten statt für eine Ausbildung. Zudem bricht etwa jeder vierte Azubi die Ausbildung ab.

Ein weiteres Problem ist das Fehlen von grundlegenden Kompetenzen – von Mathe über Sprache bis zum Sozialverhalten. In der Folge mangelt es nicht nur an Bewerbern, sondern auch an Ausbildungsreife.

Was jetzt passieren muss – und zwar gemeinsam 💪

Schulen müssen Berufsorientierung früher und praxisnäher gestalten.
Politik muss gezielt Grundkompetenzen fördern und Bürokratie abbauen.
Betriebe sollten sich selbstkritisch fragen: Wäre ich hier gerne Azubi?
Tarifpartner könnten Prämien für abgeschlossene Ausbildungen verankern
Staatliche Impulse wie die geringere Besteuerung der Ausbildungsvergütung könnten zusätzliche Anreize schaffen.

Ausbildung darf kein Auslaufmodell werden. Damit sie wieder als attraktiver Einstieg ins Berufsleben wahrgenommen wird, braucht es neue Impulse – durch bessere Orientierung, gezielte Förderung, ehrliche Kommunikation und finanzielle Anreize. Denn nur so lässt sich der Fachkräftemangel wirksam bekämpfen.
Wenn der Druck wächst
Warum Arbeitgeber nicht einfach einknicken dürfen

Ein Urteil mit Signalwirkung für Beschäftigte hat das LAG Niedersachsen (Urteil vom 17.01.2024 – 2 Sa 313/23) getroffen. Es hat eine sogenannte Druckkündigung für unwirksam erklärt – und stellt klar, dass Arbeitgeber die Pflicht haben, ihre Beschäftigten auch in Krisensituationen zu schützen.

Was war passiert?
Ein langjähriger Mitarbeiter mit tariflichem Kündigungsschutz wurde außerordentlich gekündigt, nachdem Kollegen mit eigenen Kündigungen drohten, sollte dieser nicht gehen. Der Arbeitgeber beugte sich dem Druck – und sprach die Kündigung aus. Doch das reicht nicht.

Das Gericht betont:
Der Arbeitgeber muss sich schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer stellen und zumutbare Deeskalationsmaßnahmen wie Mediation oder Konfliktmanagement ergreifen.

Nur bei drohenden, massiven wirtschaftlichen Schäden – und wenn keine andere Lösung bleibt – kann eine Druckkündigung überhaupt in Betracht gezogen werden. Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber lediglich ein Schreiben versandt und ein unverbindliches Gespräch angeboten – für das Gericht zu wenig.

Beschäftigte dürfen nicht zum Spielball innerbetrieblicher Dynamiken werden. Wer unter Druck gerät, verdient grundsätzlich Schutz und nicht die Kündigung. Arbeitgeber müssen aktiv in Konflikte eingreifen, nicht bloß reagieren.

Das Urteil stärkt die Rechte aller, die im Betrieb unter Druck geraten – und mahnt Arbeitgeber und Betriebsrat zur Verantwortung.
Tattoo statt Lohnfortzahlung? LAG Schleswig-Holstein sagt: Selbst schuld!

Wer sich freiwillig tätowieren lässt, muss mit Komplikationen rechnen – und trägt das Risiko auch selbst. Das entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 22.05.2025, Az. 5 Sa 284 a/24) in einem spannenden Fall rund um Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Eine Pflegehilfskraft ließ sich an einem freien Tag tätowieren. Wenige Tage später entzündete sich die Stelle, ein Arzt verschrieb Antibiotika und schrieb sie krank. Die Folge: Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitgeber verweigerte jedoch die Entgeltfortzahlung – mit Erfolg.

Das Gericht stellte klar:
Die Arbeitnehmerin hat die Erkrankung selbst verschuldet – und zwar grob. Tätowierungen seien medizinisch nicht notwendig, Komplikationen wie Entzündungen bekannt und nicht selten. Die Klägerin habe daher „billigend in Kauf genommen“, dass es zu einer solchen Folge kommen könne. Wer seine Gesundheit fahrlässig aufs Spiel setzt, verliert im Zweifel seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Besonders brisant:
Das Gericht wendet hier einen strengen Maßstab an – vergleichbar mit medizinisch nicht indizierten Schönheits-OPs oder gefährlichen Sportarten. Tätowieren ist Privatsache – aber eben auch Privatvergnügen mit Risiko.
Was bedeutet das für Arbeitnehmende?

Wer sich aus freien Stücken einem Eingriff unterzieht, der potenziell krank macht, läuft Gefahr, auf den Kosten sitzenzubleiben. Selbst eine nur geringe Komplikationswahrscheinlichkeit kann ausreichen, um den Entgeltfortzahlungsanspruch zu kippen.

Fazit:
Ob Tattoo, Piercing oder andere Körpermodifikationen – die Grenze zwischen Lifestyle und Eigenverantwortung kann arbeitsrechtlich teuer werden.