Wie viel Abfindung steht mir zu? Diese Frage stellen sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von einer Kündigung betroffen sind. Das Wichtigste vorab: Eine generelle Antwort darauf gibt es nicht, da kein allgemeiner Rechtsanspruch auf eine Abfindung besteht. Stattdessen ist Ihr Verhandlungsgeschick gefragt! Mit den folgenden Tipps können Sie besser einschätzen, mit welcher Forderung Sie in das Gespräch mit Ihrem bisherigen Arbeitgeber gehen sollten und welche Abfindungshöhe Sie erwarten dürfen.
Inhaltsverzeichnis:
- Wann bekommt man eine Abfindung?
- Höhe der Abfindung hängt von vielen Faktoren ab
- Wieviel Abfindung steht mir zu – abhängig von der Beschäftigungsdauer?
- Lassen Sie sich fachkundig und vertrauensvoll beraten
- Fazit: Verkaufen Sie sich bei der Abfindung nicht unter Wert!
Wann bekommt man eine Abfindung?
Wenn ein Arbeitsverhältnis beendet wird, besteht die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eine Abfindung erhalten. In einigen Fällen, beispielsweise wenn Standorte stillgelegt oder einzelne Geschäftsbereiche geschlossen werden, wird ein Sozialplan für die betroffene Belegschaft ausgehandelt. Dieser gibt dann auch die jeweilige Abfindungshöhe vor. Wenn jedoch keine Regelungen für eine solche Abfindungszahlung in Form von Tarifverträgen, Sozialplänen, Geschäftsführerverträgen oder individuellen Arbeitsverträgen bestehen, können Sie eine individuelle Vereinbarung treffen.
Generellen Rechtsanspruch gibt es nicht
Die Hintergründe für eine Kündigung und eine Abfindungszahlung sind sehr unterschiedlich. Daher ist auch die Frage „Wie viel Abfindung steht mir zu?“ nicht pauschal zu beantworten. Noch mehr als das: Ein genereller Rechtsanspruch auf Abfindung besteht prinzipiell nicht. In vielen Fällen liegt es in der Hand der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers selbst, eine angemessene Abfindung in Verbindung mit einer Auflösungsvereinbarung auszuhandeln.
Höhe der Abfindung hängt von vielen Faktoren ab
Als Faustregel gilt, dass eine Abfindung sich meist auf etwa 50 Prozent des bisherigen Brutto-Monatsverdienstes pro Jahr der Betriebszugehörigkeit beläuft. In der Praxis sind jedoch große Unterschiede feststellbar – abhängig vom eigenen Verhandlungstalent, aber nach wie vor auch von der Region und vom Geschlecht.
So berichtet etwa das Medienportal Haufe von enormen Unterschieden. Laut einer Studie sei unter anderem ein auffälliges Gefälle zwischen Ost und West erkennbar. Gemäß dieser Auswertung erhalten Beschäftigte in Deutschland über alle Bundesländer hinweg eine durchschnittliche Abfindung von 14.300 Euro – allerdings differieren die Werte zwischen westlichen und östlichen Bundesländern um bis zu 49 Prozent.
Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Auch bezogen auf das Geschlecht zeigt die Auswertung enorme Unterschiede: Im Durchschnitt erhalten Frauen eine Abfindung von 10.000 Euro, während Männer durchschnittlich bis zu 17.600 Euro erzielen. Ein wesentlicher Grund dafür ist das sogenannte Gender Pay Gap – also die Tatsache, dass Frauen durchschnittlich ein geringeres Einkommen beziehen. Dies wirkt sich im Fall einer Kündigung somit bei Frauen auch negativ auf die Höhe der Abfindung aus.
Wie viel Abfindung steht mir zu – abhängig von der Beschäftigungsdauer?
Im Folgenden betrachten wir nun konkret einige Praxisbeispiele. Damit können Sie grob einschätzen, wie viel Abfindung Ihnen zusteht – abhängig von Ihrem bisherigen Brutto-Monatseinkommen und Ihrer Betriebszugehörigkeit in Jahren.
Abfindung nach 5 Jahren
Je kürzer die Betriebszugehörigkeit ist, desto niedriger fällt auch in der Regel die erzielbare Abfindung aus – diese Erkenntnis dürfte kaum überraschen. Bei einer fünfjährigen Tätigkeit für ein Unternehmen können wir gemäß der Faustformel von ca. 2,5 Brutto-Monatsgehältern ausgehen. Das entspricht bei einem bisherigen Brutto-Monatseinkommen von 3.000 Euro also 7.500 Euro.
Abfindung nach 10 Jahren
Da die Höhe der Abfindung mit der Zeit der Betriebszugehörigkeit linear zunimmt, stehen nach 10 Jahren bis zu 5 Brutto-Monatsgehälter im Raum. Das sind bei einem Monatseinkommen von 3.000 Euro also bis zu 15.000 Euro.
Abfindung nach 15 Jahren
Nach 15 Jahren loyaler Mitarbeit in einem Unternehmen beträgt die durchschnittliche, zu erwartende Abfindung etwa 7,5 Brutto-Monatsgehälter. Das wären in unserem Beispiel also 22.500 Euro – geschicktes Verhandeln vorausgesetzt.
Abfindung nach 20 Jahren
Mit der Formel von einem halben Brutto-Monatsverdienst pro Jahr der Betriebszugehörigkeit ergibt sich nach 20 Jahren ein legitimer Anspruch von 10 Gehältern. Dies würde in unserem Fall einer Summe von 30.000 Euro entsprechen.
Abfindung nach 25 Jahren
Die theoretischen – im Einzelfall auszuhandelnden – Ansprüche steigen kontinuierlich weiter. Bei einer Betriebszugehörigkeit von 25 Jahren sprechen wir über bis zu 12,5 Brutto-Monatsgehälter. In unserem Beispiel wären das 37.500 Euro.
Abfindung nach 30 Jahren
Wer nach 30 Jahren im Unternehmen gekündigt wird, kann bis zu 15 Brutto-Monatsgehälter als Verhandlungsvorschlag für die Abfindung einbringen. Damit sprechen wir bei einem monatlichen Verdienst von 3.000 Euro über 45.000 Euro.
Abfindung nach 35 Jahren Betriebszugehörigkeit
Sicherlich handelt es sich hierbei um eine absolute Ausnahme. Doch sollte es nach 35 Jahren der Betriebszugehörigkeit zu einer Kündigung und Verhandlungen über eine Abfindung kommen, steht ein Anspruch gemäß der Formel von etwa 17,5 Brutto-Monatsgehältern im Raum. In unserem konkreten Beispiel würde die Abfindungshöhe somit 52.500 Euro betragen.
Fazit: Verkaufen Sie sich bei der Abfindung nicht unter Wert!
Wenn die Abfindung nicht durch Sozialpläne oder andere vertragliche Grundlagen geregelt ist, kommt es im Fall der Fälle auf Ihr Verhandlungsgeschick an. Unser Tipp: Verkaufen Sie sich nicht unter Wert! Ziehen Sie gängige Berechnungsformeln und Empfehlungen zurate. So können Sie die Frage „Wie viel Abfindung steht mir zu?“ sachbezogen beantworten und gut vorbereitet in die Gespräche mit Ihrem bisherigen Arbeitgeber gehen.
Bitte denken Sie daran: Abfindungszahlungen sind steuerpflichtig! Sie werden also niemals 1 zu 1 den ausgehandelten Betrag auf Ihrem Konto finden. Sie wollen mehr dazu erfahren?
FAQs
Wie viel Abfindung steht mir zu?
Die Höhe einer Abfindung wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Dazu zählen insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das bisherige Brutto-Monatsgehalt sowie etwaige tarifliche oder vertragliche Regelungen. Darüber hinaus ist stets Ihr Verhandlungsgeschick gegenüber dem Arbeitgeber gefragt.
Gibt es einen generellen Rechtsanspruch auf eine Abfindung bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses?
Grundsätzlich besteht kein genereller gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindungszahlung. Allerdings können Abfindungsregelungen in Tarifverträgen, Sozialplänen oder individuellen Arbeitsverträgen festgelegt werden. Darüber hinaus sind selbstverständlich individuelle Absprachen mit dem Arbeitgeber möglich. Informieren Sie sich daher im Fall der Fälle über die vertragliche Situation in Ihrem Unternehmen und lassen Sie sich unabhängig beraten.
Beeinflusst das Geschlecht eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin die Höhe der Abfindung?
Leider ja! Das Geschlecht kann direkten Einfluss auf die Abfindungshöhe haben. Studien zeigen, dass Frauen im Durchschnitt geringere Abfindungen erhalten als Männer. Ein wesentlicher Grund dafür ist bestehende Lohnungleichheit. Da Frauen durchschnittlich weniger verdienen als Männer, fällt auch ihr Abfindungsanspruch im Schnitt geringer aus.
Können regionale Unterschiede die Höhe einer Abfindung beeinflussen?
Ja, es gibt häufig starke regionale Unterschiede bei Abfindungszahlungen. Studien zeigen ebenfalls, dass die geografische Lage des Arbeitgebers einen Einfluss auf die Abfindungshöhe haben kann. Insbesondere ein deutliches West-Ost-Gefälle ist in Deutschland dabei weiter zu beobachten.
Welche Rolle spielt die Verhandlungsfähigkeit bei der Bestimmung der Abfindungshöhe?
Die Fähigkeit zur Verhandlung hat einen erheblichen Einfluss auf die Höhe einer Abfindung. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gut verhandeln können, haben oft bessere Chancen, eine höhere Abfindung auszuhandeln, insbesondere wenn keine festen Regeln oder Vereinbarungen gelten. Dabei kann auch externe Beratung, etwa durch die unabhängige Arbeitnehmerberatung AUB, hilfreich sein.
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